Narrativer Ansatz

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Prof. Dr. Simon Hahnzog – Systemische Beratung: Narrativer Ansatz

 

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Prof. Dr. Simon Hahnzog – Systemische Beratung:

Die narrative Perspektive

 

„Wirklichkeit besteht aus nichts anderem als Geschichten.“

(v. Schlippe/Schweitzer)

 

Aufbauend auf dem lösungsorientierten Modell hat sich unter dem Fokus auf die Kommunikation der Beteiligten der narrative Ansatz entwickelt – Inhalte und Ursachen spielen darin nur eine untergeordnete Rolle, sondern vielmehr die Haltung:
Jeder erzählt sich seine Lebensgeschichte in gewisser Weise selbst und dementsprechend ist es auch möglich, Geschichten neu oder anders zu erzählen und dadurch Veränderungen möglich zu machen.

 

Ein methodisches Beispiel hierfür ist die Übung „Wirklichkeitskonstruktion:

Der Klient soll eine Geschichte schreiben über die von ihm wahrgenommene Wirklichkeit einer Person – wie sie bei ihm ankommt.

Der „Held“ der Geschichte kann der Klient selbst sein (z.B. in der Einzelberatung) oder er kann auch über einen anderen eine Geschichte verfassen (z.B. bei einer Teambildung mit dem ganzen Team). Der Stil der Geschichte, ob als Märchen, Roman, Fabel, Science-Fiction, Zeitungsbericht u.v.m. verfasst, spielt keine eigentliche Rolle, Hauptsache die Phantasie in Verbindung mit der individuellen Wahrnehmung darf frei gestalten. Leitinhalte sind:

  • Titel für die Geschichte finden.
  • Metaphern über die Person und die Auswirkungen der Person auf den Autor einbauen.
  • Den „Held“ der Geschichte genau beschreiben, insbesondere seine Ressourcen, Eigenschaften, Wünsche, Gedanken.
  • Den Kontext zwischen Autor und Held in die Geschichte einbauen.
  • Ein Happy End formulieren! (Dadurch wird der Schritt aufgezeigt, neue Wege gehen zu können und die bisherige Geschichte, die evtl. immer ein tragisches Ende hatte, neu schreiben zu können.)

 

Ein weiteres, wichtiges Instrument insbesondere dieses Ansatzes ist die Externalisierung (vgl. auch die Artikel/Skript zur zirkulären Perspektive der systemischen Beratung). Dabei wird gezeigt, dass ein Problem nicht identisch mit einer Person ist, sondern einen eigenen Stellenwert besitzt:

„Das Problem ist das Problem.“ (M. White)

Durch die Zuschreibung eines Problems als Eigenschaft einer Person, hat derjenige oft keine Möglichkeit mehr, dieses Problem zu lösen, da es ja „zu ihm gehört“. Durch eine Externalisierung hat der Klient die Möglichkeit wieder in seiner ganzen Persönlichkeit wahrgenommen zu werden und an dem Problem zu arbeiten – das Problem wird quasi „herausgezogen“.

Beispielsweise wird ein Kind, das nachts einnässt, als „Bettnässer“ bezeichnet – bei einer Externalisierung würde man nun aber von dem Kind sprechen, das von einem „Dreckmonster“ heimgesucht wird, das es dazu bringt, nachts einzunässen.

Der „Böse“ ist nun also nicht mehr der Klient, sondern der externalisierte Teil, im Beispiel: das Dreckmonster. Nun haben Klient und Berater die Möglichkeit die bisherige Geschichte neu zu schreiben und zwar in der Form, dass sie Möglichkeiten finden den externalisierten Teil  (das Dreckmonster) zu besiegen.

Der Externalisierung vorgestellt ist eine ausführliche Anamnese, in der einerseits gefragt wird, welchen Einfluss das Problem auf das Leben der Mitglieder des Systems hat. Andererseits wird genau erkundet, welchen Einfluss umgekehrt die Mitglieder des Systems auf die Existenz/das Überleben des Problems haben.

 

 

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