Leadership: Führung und Teamdynamik

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Prof. Dr. Simon Hahnzog – Leadership: Führung und Teamdynamik

 

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Prof. Dr. Simon Hahnzog

Führung und Teamdynamik

 

Für die Führung eines Teams haben folgende Variablen (nach Bastine, 1972) Einfluss auf das Führungsverhalten:

  • Gruppengröße
  • Gruppenaufgabe
  • Äußere Umgebung der Gruppe
  • Gruppennormen
  • Personelle Gruppenzusammensetzung
  • Hierarchische Gruppengestaltung

Natürlich ist auch die individuelle Ebene der einzelnen Gruppenmitglieder entscheidend für den Arbeitsprozess im Team, insbesondere, was deren Motivation, Qualifikation und Persönlichkeits­struktur betrifft. Dementsprechend sollte der Teamleiter auch auf die Positionierung der einzelnen Teammitglieder achten. Insbesondere, wenn Differenzen zwischen vorgesehener und gelebter Rolle des Einzelnen auftreten, kann der qualitative Output der gesamten Gruppe leiden.

 

Hierzu ist folgende Differenzierung aufschlussreich (vgl. Hahnzog, 2011):

  • Position:
    Positionen in einer meist hierarchischen Struktur sind bestimmte Stellen/Orte innerhalb dieser Hierarchie. Je höher die Position, desto mehr kann sich der Positionsinhaber belohnen. Allerdings ist auch meist die Verantwortung entsprechend größer.
  • Funktion:
    Die Funktion beschreibt die Aufgaben, die mit einer entsprechenden Position für die Organisation und den Positionsinhaber verbunden sind.
  • Rolle:
    Rollen sind gebündelte Erwartungen, die mit den Funktionen einer Position verbunden sind. Kommt es zu Konflikten, so werden Inter- und Intrarollenkonflikte unterschieden.
  • Status:
    Status ist der Wert, den ein Positionsinhaber für eine Gruppe hat, unabhängig von der Person, die diese Position innehat.

 

Auf Seiten der Teamführung sind dementsprechend insbesondere folgende Aspekte für die Gestaltung und den Erfolg des Teamwork von Bedeutung:

  • Persönlichkeitsstruktur des Teamleiters
  • Führungsstil
  • Methodenvielfalt zur Gruppenleitung und Gesprächsführung
  • Motivationales Erleben und Verhalten des Leiters
  • Identifikation mit der Aufgabe und den einzelnen Gruppenmitgliedern

 

Wichtig zu bemerken ist, dass es keine absoluten Werte für produktive Teamarbeit gibt, sondern diese immer individuell abhängig ist von der Situation in der sich die gemeinsame Arbeit abspielt.

 

Unabhängig von Inhalten und Aufgabe der Gruppe hat B.W. Tuckman (1965) folgendes Phasenmodell der Gruppenbildung entwickelt. Dabei gelingt es einer Gruppe nicht automatisch in die produktive Arbeitsphase zu gelangen, sondern bedarf einer klaren Führung und der intensiven Mitarbeit der einzelnen Teammitglieder. Ein Rückschritt auf eine vorherige Phase ist dabei nicht zwangsläufig das Ende der Zusammenarbeit, sondern ermöglicht unentdeckte Konflikte zu lösen.

 

  1. Forming/ Einstiegsphase:Die Anfangsphase, in der sich die Gruppe konstituiert und ihre Aufgabe kennen lernt. Die Atmosphäre ist geprägt von Unsicherheit, Höflichkeit und vorsichtiges Abtasten. Die Gruppenmitglieder versuchen in dieser Phase vor allem eine „gute Figur“ zu machen und erste Erkundungen durchzuführen, welche Koalitionspartner in der Gruppe zu finden sind.Für die Teamleitung ist es in dieser Phase wichtig, das Team zu führen, klare Aufgabenstellungen zu geben und Regeln deutlich zu definieren.
  2. Storming/ Konfliktphase:Die Gruppe hat sich zunächst etabliert und ist nun geprägt von Unruhe, Konflikten und gegenseitig erhobenen Machtansprüchen. Konkurrenz und Cliquenbildung bestimmen diese Phase und eine formelle Teamleitung wird in Frage gestellt oder abgelehnt. Die Teammitglieder kämpfen selbst um (informelle) Führung und stellen sich selbst (in teilweise überzogenem Maße) zur Schau.Die Teamleitung sollte in dieser Phase darauf achten, dass konkrete und erreichbare Ziele aufgezeigt werden, nach denen die Teammitglieder ihr Verhalten steuern können.
  3. Norming/ Regelphase:Neue Gruppennormen und –standards werden entwickelt und das Team einigt sich auf gemeinsame Spielregeln. Ein Gefühl für Gruppenzusammenhalt, ein Wir-Gefühl, entsteht und die Mitglieder beginnen sich mit der Gruppe zu identifizieren. Konflikte mit der Teamleitung bzw. der Mitglieder untereinander werden bearbeitet und bereinigt.Dem Teamleiter kommt in dieser Phase vor allem die Aufgabe der Koordination zu – er stimmt einzelne Aufgaben und Personen aufeinander ab.
  4. Performing/ Arbeitsphase:Das Team hat seine volle Leistungsfähigkeit erreicht. Die Rollen sind flexibel und funktional verteilt und es herrscht eine Atmosphäre der Arbeitsorientierung, Offenheit und Solidarität. Im Fokus stehen Problembewältigung und Zielorientierung, das gemeinsame Handeln erfüllt das Team.Der Teamleiter ist nun weniger mit konkreter Führung beschäftigt sondern vielmehr mit der Vorgabe von Globalzielen und der Überwachung, ob das Team auf eine frühere Stufe der Gruppenbildung zurückfällt.
  5. Adjourning/ Abschieds- bzw. Auflösungsphase:Die Aufgabe ist erfüllt und das Team löst sich auf. Hierzu sollte genau abgeklärt werden ob die zu erfüllenden Aufträge bearbeitet worden sind oder welche Fortsetzung notwendig ist. Ein klar definierter Abschied rundet den Arbeitsprozess ab.Aufgabe der Führung ist es hierbei zu ermöglichen, dass sich alle Mitglieder aus der Gruppe verabschieden und in ihre nächste Aufgabe übergehen können.

 

Anhand der folgenden Prüfliste für die gemeinsame Zusammenarbeit kann sich der Teamleiter wie auch das Team orientieren, um eine produktive Zusammenarbeit zu erlangen:

Gruppenziel:

  • Wie klar sind die Ziele und Aufgaben der Gruppe umrissen bzw. festgelegt?
  • Besteht Übereinstimmung über das Gesamtziel der Gruppe?
  • Sind die Einzelziele der Gruppenmitglieder deutlich?
  • Wissen alle Teilnehmer voneinander ihre jeweils individuellen Ziele?

 

Gruppennormen:

  • Welches sind die auffälligsten Normen (offizielle/inoffizielle), die das Verhalten und den Umgang im Team wesentlich bestimmen?
  • Gibt es geschlechtsspezifische Normen?
  • Welche Umgangs- und Verhaltensnormen sind in der Gruppe gemeinsam entschieden worden?
  • Welche „stillschweigenden“ (inoffiziellen) Normen gibt es in der Gruppe (z.B. durch Gewohnheiten)?
  • Wie ist der Verbindlichkeitscharakter der Normen?
  • Gibt es Regelungen für Verstöße gegen die Normen?
  • Wie wird auf Verstöße reagiert? à Sind einige „gleicher“ als andere?
  • Wie werden in der Gruppe Normen verändert und wer gibt dazu die Anstöße?

 

Gruppenkommunikation:

  • Welche Kommunikationsmittel werden in der Gruppe bevorzugt eingesetzt?
  • Welche Kommunikationshindernisse und –störungen fallen in der Gruppe besonders auf? à Widersprüche zwischen analoger und digitaler, direkter und indirekter bzw. offener und versteckter Kommunikation.
  • Wird genügend auf die Befindlichkeit der Kommunikationspartner geachtet?
  • Wieweit werden alle Teammitglieder, wieweit einzelne angesprochen?
  • Wie ist die Kommunikationshäufigkeit in der Gruppe verteilt?
  • Wer spricht wann mit wem wie oft darüber?
  • Werden Kommunikationsaktivitäten als Angebot akzeptiert?
  • Wieweit werden sie als „Stichwort“ für eigene Beiträge benutzt, ohne an das vorher Gesagte anzuknüpfen?


Gruppenzusammenhalt:

  • Wieweit stellt sich die Gruppe als eine mehr oder weniger geschlossene Einheit dar?
  • Gibt es Untergruppen?
  • Gibt es Einzelne, die eine starke soziale Distanz zu den übrigen Mitgliedern haben? à Unbeachtete Sündenböcke, Außenseiter usw.
  • Welche Interaktionsqualitäten lassen auf Rivalitäten in der Gruppe schließen, welche auf Kooperation?

 

Gruppenfunktionen und Rollenverteilung:

  • Welche gruppenaufbauenden und gruppenprozessfördernden Funktionen werden ausgeübt und wer übt diese jeweils aus?
  • Welche aufgabenorientierten Funktionen werden ausgeübt und wer übt diese jeweils aus?
  • Welche störenden Funktionen werden von wem wann ausgeübt?
  • Wie gleichmäßig bzw. einseitig ist die Funktionsverteilung generell in der Gruppe?

 

Abschließend sei noch eine Unterstützung für schwierige Zeiten erwähnt, die dem Teamleiter in unklaren Situationen wieder Handlungsfähigkeit ermöglichen soll:

„Eine schlechte Entscheidung ist besser als keine Entscheidung.“

 

 

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